In alter Tradition möchte ich ein weiteres Mal an unsere Startup Stories anknüpfen, um mich zu einem unserer damaligen Ziele zu äußern und zu reflektieren, wie wir zu siebstelligen wiederkehrenden Abo-Umsätzen gekommen sind.
Vor ein paar Jahren habe ich einen Artikel veröffentlicht, in dem ich mich ausführlich zu unseren Anfängen als aufstrebendes Startup geäußert habe. Wer ihn gelesen hat, der weiß, dass bei uns nicht sofort alles so lief, wie erhofft.
Entgegen meiner eigenen Erwartungen vor 8 Jahren hat sich nicht sofort und ohne Umschweife der große Erfolg einstellt. In meinem Kopf hatten wir mit Stackfield eine digitale Gelddruckmaschine erschaffen: Erst mal aufgesetzt, müssten wir doch nur auf die Anmeldungen warten und können uns entspannt zurücklehnen. Nun ja, wie ihr euch vorstellen könnt, entsprach meine Vorstellung nicht ganz der Realität.
In der Tat würde ich einen langen Zeitraum der Geschichte von Stackfield eher mit einer Achterbahnfahrt vergleichen – es gab viele Auf und Abs. Da unser Konzept von Anfang an auf Datenschutz- und Informationssicherheit ausgerichtet war, haben uns entsprechende Skandale während der letzten Jahre natürlich oft in die Hände gespielt.
Nach der NSA Affäre waren wir der "Geheimtipp der CeBIT" und das "Startup der Woche" im Wall Street Journal. Umso frustrierter waren wir anfangs, als sich die Erfolge hieraus nicht mit unseren Erwartungen deckten.
Was genau passiert war, könnt ihr in hier nachlesen. Aber so viel ist sicher: Wir haben keinen Raketenstart hingelegt.
Über Eine Million ARR – dieses Ziel zu erreichen, haben wir schon immer mit einer gewissen Marktreife verbunden. Ab dieser Größe hat man sich in SaaS-Kreisen eine Daseinsberechtigung geschaffen. Das eigene Produkt löst ein so großes Problem der Kunden, dass sie auch bereit sind, Geld dafür auszugeben. Man spricht auch vom product-market fit (PMF).
Erfolg kommt selten über Nacht, der Aufbau eines B2B Business dauert in der Regel sehr viele Jahre
Jeder kennt sie und jeder bewundert sie – die Erfolgstories der Startups, die in Rekordgeschwindigkeit ein Millionenbusiness aufgebaut haben. Das sind die Geschichten, von denen man in den Zeitungen liest, von denen man in den Podcasts hört, von denen im Fernsehen berichtet wird.
Die schillernden Erfolgsgeschichten sind beeindruckend, keine Frage, aber sie sind nicht der Regelfall.
Im Laufe der Jahre durfte ich sehr viele erfolgreiche Gründer, die bereits seit vielen Jahren im Geschäft sind, kennenlernen. In einer Sache waren sich alle einig: Der Aufbau eines SaaS Business dauert sehr, sehr lange.
Was mich angeht, so hat es einige Zeit gedauert, bis ich das verinnerlicht hatte.
Es geht auch ohne Venture Capital Geld
Es ist nicht so, als hätten wir in den ersten zwei Jahren nicht versucht, Venture Capital aufzunehmen. Leider war unser Timing hierfür relativ schlecht. Wir waren mit unserer Technologie schon zu weit, um mit Stackfield eine reine Vision zu verkaufen, hatten aber gleichzeitig noch keine Umsätze vorzuweisen. "Wir wollen uns erstmal anschauen, ob das, was ihr da gebaut habt, auch Geld einbringen kann.", war die häufige Rückmeldung.
Wir mussten also improvisieren, um mit den Mitteln klarzukommen, die wir zur Verfügung hatten. Natürlich konnten unsere Umsätze nicht von heute auf morgen in die Höhe schnellen. Im Nachhinein war das vermutlich der gesündere Weg, denn so haben wir gelernt, sehr effektiv mit unseren finanziellen Mitteln umzugehen.
Dass es länger gedauert hat, war natürlich nicht immer einfach, doch wir waren überzeugt davon, dass wir es hinbekommen würden. Hätten wir an unserem Konzept gezweifelt, wären wir nicht zu hundert Prozent überzeugt von unserem Produkt gewesen und hätten wir nicht gewusst, dass wir dem Markt etwas bieten können, das kein US-Konzern bieten kann – Sicherheit – wäre die Firma sicherlich schon lange liquidiert.
Doch gerade, wenn man sich die Zahlen der letzten Jahre ansieht, erkennt man, dass sich unsere Umsätze in jedem Jahr mehr als verdoppelt haben, bis wir vor einiger Zeit letztlich die für uns magische Grenze von einer Million wiederkehrender Abo-Umsätze überschritten haben. Wir haben keinen Raketenstart hingelegt, nein, aber wir haben unsere Umsätze langsam, stetig und vor allem sicher ausgebaut.
Stelle nur dann jemanden ein, wenn Du wirklich jemanden brauchst, dafür aber die besten Leute, die Du bekommen kannst
In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass gerade Firmen, die sehr hoch bewertet wurden, unter Druck gerieten, schnell zu wachsen und unter diesen Umständen letztlich nicht bestehen konnten. Ich sehe hierfür diverse Gründe.
Wachstum muss immer mit einer Anpassung der Unternehmensstrukturen einhergehen. Je schneller ein Unternehmen wächst, d. h. je schneller der Umsatz steigt und je mehr Mitarbeiter hinzukommen, desto schwieriger wird es, die internen Strukturen in Einklang zu bringen und desto intransparenter wird der Zusammenhang zwischen den Investitionen und den Ergebnissen.
Unser Team war lange recht klein und meiner Meinung nach, war das auch gut so. Mit Kommunikationsproblemen, Intransparenz und unzureichendem Prozessmanagement mussten wir uns einfach nicht herumschlagen. Gerade, wenn das Produkt selbst noch in der Findungsphase ist, treten solche Probleme allerdings häufig auf. Ein kleines Team, gerade zu Beginn, erleichtert die Kommunikation und ermöglicht Flexibilität. Ist das Produkt noch nicht ausgereift, wird es mit jedem neuen Mitarbeiter schwieriger, diese Flexibilität beizubehalten.
Was das Mitarbeiterwachstum angeht, halte ich es in jedem Fall für ausgesprochen wichtig,…
- nicht einfach planlos Mitarbeiter einzustellen, sondern nur dann, wenn es auch wirklich notwendig ist
- nicht an der falschen Stelle zu sparen und sich insbesondere am Anfang (sofern man über die nötigen finanziellen Mittel verfügt) die besten Leute ins Team zu holen
Wenn wir heute Mitarbeiter suchen, achten wir sehr genau darauf, jemanden zu finden, der a) die besten Qualifikationen mitbringt und b) perfekt in unser Team passt. Jeder dieser beiden Faktoren ist für uns ein absolutes K.-o.-Kriterium.
Behalte den Markt immer im Auge, sei schnell und flexibel
Aber kommen wir noch einmal zurück zum Thema Flexibilität: In unserer Sparte sind langfristige Pläne nur schwer umzusetzen, da sich die Marktbegebenheiten ständig wandeln. Indem wir unser Team also möglichst klein gehalten haben, konnten wir so agil und flexibel wie möglich bleiben.
Das versuchen wir auch heute noch weitestgehend beizubehalten, weil sich für uns einige Vorteile herauskristallisiert haben: Informationen lassen sich schnell weitergeben. Pläne lassen sich anpassen. Wir waren immer dazu in der Lage, schnell zu reagieren und auch heute werfen wir auch mal die ein oder andere Idee über Bord, wenn wir kurzfristig merken, dass andere Dinge mehr Sinn machen oder Pläne nicht so laufen, wie gedacht.
Warum es Sinn macht, Plänen nicht immer akribisch zu folgen, haben wir etwa zu Beginn der Corona-Krise bemerkt. Zahlreiche Unternehmen verlagerten ihre Arbeit ins Homeoffice, was einen zeitnahen Ausbau der Telefonie-Funktionen rechtfertigte. Wir haben die Konferenzschaltung also kurzerhand auf der Prioritätenliste nach oben verlagert und andere Dinge hintenangestellt. Als sicherer Anbieter aus Deutschland, hatten wir einen großen Ansturm auf unser Tool zu verzeichnen und finden uns während der Pandemie in einer vergleichsweise glücklichen Situation wieder – zumindest wirtschaftlich gesehen.
Oft spielt auch das Timing eine wichtige Rolle
Edward Snowden und der NSA Skandal, das Inkrafttreten der DSGVO, das EuGH-Urteil, infolgedessen das Privacy Shield gekippt wurde, die Corona Pandemie – Ereignisse wie diese haben uns rein geschäftlich gesehen natürlich in die Hände gespielt.
Wichtig ist dann, die Gunst der Stunde zu nutzen und schnell zu reagieren.
Die Gesellschaft wird mit neuen Datenschutz-Problemen konfrontiert und muss von den nicht ganz rechtssicheren US-Anbietern abweichen. Wir bieten die Alternative. Zahlreiche Unternehmen werden aufgrund von COVID-19 ins Homeoffice gezwungen und mit einem Schlag wird überall eine sichere Kollaborationsplattform benötigt. Wir können sie bieten. Timing ist alles – was das Marketing betrifft aber auch was die Integration neuer Features betrifft.
Wenn Stackfield als sichere Alternative zu US-Anbietern angefragt wird, kommt es natürlich auch vor, dass sich nach Funktionen und Integrationen aus Konkurrenzprodukten erkundigt wird.
Die Anfragen also schnell auf die To-do des Entwickler-Teams schieben?
Das mussten wir erst lernen: Je umfangreicher das Tool wird, desto komplexer wird es, desto komplizierter wird es.
Es gibt nur noch Kompromissentscheidungen
Neue Funktionen, so schön die Ideen auch sein mögen, müssen immer sinnvoll sein und einen Mehrwert für einen Großteil der Kunden in sich tragen. Aus diesem Grund beziehen wir Kunden bei der Ausarbeitung neuer Updates immer mit ein. Wir prüfen Vorschläge jedoch immer aktiv hinsichtlich ihrer Relevanz und Umsetzbarkeit.
Das bedeutet, wir halten jeden Wunsch fest und sammeln. Wenn Funktionen sehr häufig angefragt werden, machen wir uns Gedanken darüber, ob die Nutzer diese Funktion tatsächlich benötigen oder vielleicht doch nur den Eindruck haben, sie zu benötigen. Das ist oftmals nicht so einfach zu entscheiden, aber wenn wir sehen, dass die Ideen die Nutzung von Stackfield stark bereichern würden, machen wir uns auch an die Umsetzung.
Die Kompromissbereitschaft lohnt sich. Sie lohnt sich aber nur dann, wenn neue Funktionen nicht auf Kosten der Benutzerfreundlichkeit implementiert werden. Niemand möchte mit einem Tool arbeiten, in dem man sich nicht zurechtfindet.
Wir haben gemerkt, dass eine übersichtliche und freundliche Oberfläche für Nutzer heute wichtiger denn je ist – vielleicht sogar wichtiger als einzelne Funktionen selbst. Die Leute werden täglich von Massen an Informationen überrollt, und das alleine fordert dem menschlichen Gehirn einiges ab. Stackfield soll die Arbeit einfacher machen, nicht komplizierter.
Was das für unsere Arbeit bedeutet:
Polish, polish, polish
Wir implementieren keine Funktion, solange wir keinen benutzerfreundlichen Weg gefunden haben, sie einzubetten. Bestehende Funktionen sind fortlaufend im Feinschliff und werden immer wieder optimiert, um die Klickwege möglichst kurz und die Nutzung möglichst einfach und intuitiv zu halten.
Es gibt kein Tool das alles kann. Das muss man sich bewusst machen. Anstatt also wild Funktionen hinzuzufügen konzentrieren wir uns auf unsere Stärken.
Bestandskunden sind wichtiger als Neukunden
Ein Bereich, in dem wir unserer Konkurrenz zwei Schritte voraus sind, ist etwa der Kundensupport.
Wer versucht, als Kunde einen persönlichen Kontakt zu einem der US-Anbieter herzustellen, wird vermutlich nicht sehr erfolgreich sein. Hier stützt sich der Support hauptsächlich auf Foren und Artikel.
Wir verwenden dagegen einen nicht unwesentlichen Teil unserer Ressourcen für die Unterstützung unserer Kunden und bieten dabei einen individuellen und persönlichen Support (in Englisch und Deutsch). Für Kunden ist dies insbesondere in der Einführungsphase wichtig. Uns ist beispielsweise aufgefallen, dass manche Funktionen ab einem bestimmten Tool-Umfang schlichtweg nicht wahrgenommen werden. Je deutlicher wir unseren Nutzern aber das Potential unserer Plattform vermitteln, desto wahrscheinlicher ist es, sie auch langfristig als Kunden zu gewinnen.
Langfristig ist hier das Schlüsselwort. Ein herausragender Support steigert auch die User Experience und führt dazu, dass Neukunden zu Bestandskunden werden.
Gerade unsere Bestandskunden halte ich für besonders wichtig.
Neukunden sind wichtig keine Frage. Der größte Fehler, den man meiner Meinung nach allerdings begehen kann, ist die Vernachlässigung der Bestandskunden zugunsten der Neukunden-Akquise.
Zugegeben, wir haben verhältnismäßig wenig Mittel in den Sales-Bereich gesteckt und hätten an der ein oder anderen Stelle vielleicht noch etwas rausholen können. Unser Kundenstamm hat sich dennoch stetig ausgebaut – langsam aber sicher. Warum?
Weil Weiterempfehlung einen höheren Trust-Wert bringt und der in vielen Fällen mehr bewirken kann, als aufdringliche Sales-Anrufe – so war jedenfalls unsere Erfahrung.
Lerne vom Kunden
Wenn ich mir ins Gedächtnis rufe, wie wir früher gearbeitet haben und wie wir heute arbeiten, dann sehe ich vor allem eine Sache, die immer gleichgeblieben ist: Wir haben uns von Anfang an nahe am Kunden bewegt, direkten Kontakt gehalten und von meinem Standpunkt aus, darf sich daran auch nichts ändern.
Ohne den direkten Kontakt zu unseren Kunden, wäre vieles an uns vorbeigegangen, worauf unser Business heute maßgeblich basiert – angefangen mit unserem On-Premise Produkt. Die Public Cloud verbreitet sich freilich recht zügig in den Unternehmen. Den selbstgehosteten Softwarelösungen wurde damit ein schnelles Ende prophezeit, doch dank unserer Kunden haben wir erkannt: On-Prem sitzt ganz und gar nicht auf einem absterbenden Ast.
Das liegt zu einem signifikanten Teil daran, dass auch das Thema Datenschutz heute wichtiger ist, denn je. Vielen Unternehmen bleibt schlichtweg keine andere Wahl, als sich für eine On-Premise-Lösung zu entscheiden. Da viele andere Software-Anbieter diese Variante nicht mehr führen, ist sie für uns zu einem äußerst profitablen Geschäftsbereich geworden.
Was sind unsere nächsten Ziele?
Jetzt, da wir eine gewisse Marktdurchdringung erreicht haben, ist unser Bestreben, die Bekanntheit der Marke Stackfield deutlich zu erhöhen und das Geschäftsmodell zu skalieren. Nicht selten hören wir: "Euer Produkt ist super, aber wieso haben wir bis jetzt noch nie von euch gehört?".
Seitdem wir die siebenstellige Grenze überschritten haben, lässt sich bei uns nicht nur aufgrund von Corona ein deutlicher Wachstumstrend nach oben feststellen. Die 5 Millionen Grenze haben wir noch nicht ganz geknackt, aber wir wachsen von Monat zu Monat in einem Ausmaß, das uns zuversichtlich macht, in nicht allzu ferner Zukunft sowohl dieses als auch unser nächstes Ziel – einen wiederkehrenden Abo-Umsatz von 10 Millionen – zu erreichen.
Einen großen Dank an unser Team für die Leidenschaft und Überzeugung und natürlich an unsere Kunden für das entgegengebrachte Vertrauen.