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Meine Fehler und Erkenntnisse aus 4 Jahre Startup-Leben

6 Min. Lesedauer  •  25. Januar 2016
Ich habe tatsächlich immer schon davon geträumt ein Technologieunternehmen zu erschaffen, was unter anderem an meinem technischen Hintergrund lag. Es war viel mehr als ein reiner Traum, denn es war mir eigentlich jederzeit bewusst, dass mein regulärer Beraterjob nur eine Zwischenstation vor der Erfüllung meiner Leidenschaft sein sollte.

Es schien mir sogar so, als ließe sich dieser Traum sogar ziemlich leicht mit dem Geldverdienen vereinen, da man meinen sollte, dass ein Technologieunternehmen in Form einer SaaS-Plattform leicht zu realisieren sei und dieses Konzept die idealen Voraussetzungen bietet, um eine „digitale Gelddruckmaschine“ zu werden.

Schließlich kann man ja mit einem Klick von der gesamten Weltbevölkerung erreicht werden, und ebenso einfach sind diese Menschen von einem Unternehmen zu erreichen. So einfach sollte das Ganze jedoch nicht werden, und unser Weg ins Paradies wurde zu einer Rundreise durch die SaaS-Hölle.

Der Start

Als ich 2011 die Idee zu Stackfield hatte und diese erste Konturen annahm, war eigentlich auch direkt klar wie Alles verlaufen und welche Art von Tool entstehen sollte: Eine nachrichtenbasierte Kollaborations-Software mit einer dezentralen Kommunikationsstruktur, über welche nicht nur Nachrichten, sondern auch Rich Content ausgetauscht werden können sollte, so dass z.B. ein verschickter Terminvorschlag direkt mit dem Kalender abgeglichen wird und in diesen eingetragen wird, sofern Zeit dafür vorhanden ist - also eine Weiterentwicklung der Email.

Der erste Prototyp von Stackfield entstand zunächst neben meiner Tätigkeit als Berater, kurze Zeit später fand ich aber einen privaten Investor, so dass ich im Juni 2012 die Firma gründete und die ersten Mitarbeiter einstellen konnte. Die Entwicklung verlief in diesem Stadium wie geplant und wir machten große Fortschritte unserem Ziel, dem Erschaffen einer umfangreichen und verschlüsselten Kollaborationsplattform, näher zu kommen. Nach ca. 1 Jahr Entwicklungszeit gingen wir voller Stolz mit der ersten Version in die Betaphase.

Übers Geschäftsmodell machten wir uns zum damaligen Zeitpunkt wenig Gedanken, da wir überzeugt waren, dass wir mit dem Tool Alles in den Schatten stellen und die Nutzer von anderen Plattform überlaufen werden. Daher boten wir unser Tool gleich zu Beginn in der Basisversion kostenlos an, und verfolgten das Freemium-Modell, bei welchem zusätzliche Premium-Funktionen erworben werden können. Allerdings besaßen wir zu diesem Zeitpunkt kaum Premium-Funktionen, wodurch mit dem Basis-Account eigentlich das komplette Tool kostenlos genutzt werden konnte.

Edward Snowden

Wir boten mit Stackfield von der ersten Sekunde an eine End-to-End Verschlüsslung für alle Inhalte, wodurch unser Tool darauf ausgelegt war vertrauliche Daten zu schützen. Ein historisches Ereignis und ein für uns gleichzeitig glücklicher Zufall ließ uns glauben, dass nichts mehr schief gehen könnte:

Edward Snowden offenbarte der Welt, dass nahezu sämtliche Daten durch die NSA ausspioniert werden - und wir waren zu diesem Zeitpunkt (und sind es immer noch) die einzige Kollaborationsplattform mit dieser Art der Verschlüsselung.

Die Presse war begeistert: Das Fernsehen berichtete über uns, wir waren das Startup der Woche im Wall Street Journal, und kurzer Zeit danach bekamen wir den inoffiziellen Titel „Geheimtipp der CeBIT“.

Der Abgrund

Inmitten des Höhenfluges, nach unzähligen lobenden Stimmen und zahlreichen Neuanmeldungen auf unserer Plattform, kam die große Ernüchterung, die sich eher wie ein tiefer Fall angefühlt hat:

Inmitten des Jubels merkten wir, dass etwas nicht stimmte. Wir verloren nahezu alle Nutzer nach kurzer Zeit und konnten diesen Verlust nicht durch neue Nutzer ausgleichen.

Das menschliche Verhalten lässt sich sehr schwer ändern

Was war schiefgegangen? Was hatten wir falsch gemacht? Zunächst waren wir selbst ratlos - wie konnten alle Stimmen begeistert sein, aber dennoch nutzte kaum ein Nutzer unsere Plattform langfristig? Nach einiger Zeit erkannten wir das Problem: Wir versuchten das Verhalten und die gelernten Vorgehensweisen der Nutzer zu ändern und diese von einer dezentralen Kommunikation zur nächsten zur bewegen. Als E-Mail-Ersatz konzipiert, trat Stackfield auch in direkter Konkurrenz zu dieser an. Wir hatten den Plan jeglichen E-Mail-Verkehr in Unternehmen zu eliminieren, wobei wir lernen mussten, dass dies einfach zu viel verlangt ist. Kein Mensch wird die E-Mail in der Arbeitswelt gegen ein anderes Tool wechseln, da diese einfach omnipräsent und gelernt ist. Ein zweites Tool neben der Mail, welches den gleichen dezentralen Aufbau verfolgte, war für alle unbrauchbar.

Ein Tool das Alles kann, aber keiner versteht

So oder ähnlich können wir Stackfield im Rückblick beschreiben. Wir boten ein Tool, dem wortwörtlich keine Grenzen gesetzt waren. Alle Funktionen konnten selbst zusammengestellt und angepasst werden - und dies musste auch jeder Nutzer tun, um Stackfield effizient nutzen zu können. Unsere Befragungen haben ein eindeutiges Bild ergeben: Die Nutzer hatten keine Ahnung, wofür sie Stackfield nutzen sollten. Wie beschrieben war Alles möglich, allerdings musste der Nutzer zu viele Entscheidungen selber treffen und selbst erkennen, wie er Stackfield in die tägliche Arbeit integrieren muss.

Der Mensch ist und handelt paradox

In dieser Lage erwiesen sich unsere Nutzer auch als unglaublich paradox: Die Plattform war zu flexibel und zu umfangreich, aber dennoch forderten die neuen Nutzer stetig weitere Funktionen, ohne diese wirklich zu benötigen. Auf den Druck, definitiv etwas ändern zu müssen, haben wir Funktionen, die häufig gewünscht wurden, implementiert - aber genauso schnell wieder verworfen, weil diese, trotz des expliziten Wunsches, nicht genutzt wurden.

Wir führten viele Befragungen durch, aber bekamen kein eindeutiges Bild zustande: Ich vergleiche es gerne mit einem Lied, dass den Hörern nicht gefällt. Jeder weiß, dass es nicht gefällt - wenige können sagen warum dies so ist - nahezu keiner kann es selbst verbessern. Ähnlich verhält es sich bei SaaS-Plattformen wie Stackfield, wobei das Thema Software eventuell etwas greifbarer erscheint, aber dies eigentlich nicht ist.

Keine Fokussierung auf eine Zielgruppe

Das Freemium-Modell erschwerte uns zusätzlich auch die Definition einer Zielgruppe. Die kostenlosen Accounts, mit der dezentralen Struktur, waren für nahezu jede Person nutzbar und sinnvoll. Von Konsumenten, die einfach mit Freunden kommunizieren wollten, bis hin zu Geschäftspartnern, die ab und zu große Dateien verschlüsselt austauschen wollten - jegliche Zielgruppen befanden sich auf Stackfield. Wir scheiterten an dieser Stelle den idealen Nutzer zu definieren.

Hieraus ergab sich eine wenig erfolgversprechende Kombination: Ein Tool, das Verhaltensmuster ändern möchte, zu flexibel ist, gepaart mit einem Freemium-Modell, wodurch im Grunde niemand dafür zahlen will, und keine genaue Zielgruppe, wodurch wiederum keiner wusste, wofür Stackfield gedacht ist. Willkommen in der Hölle.

Die Kehrtwende

Nach vielen extrem langen Arbeitstagen und Wochenenden, unzähligen Pizzen und Gin-Flaschen änderten wir das gesamte Konzept. In diesem Zeitraum wurden leider viele andere Aspekte und soziale Kontakte unserer Team-Mitglieder vernachlässigt - das Klischee eines Startups wurde hier gänzlich erfüllt. Ein wichtiger und unterstützender Faktor war zudem unser Investor, der stets daran geglaubt hat, dass wir das Produkt in die richtige Richtung bewegen können - und so kam es schlussendlich auch.

Was haben wir getan:

Abschaffung der dezentralen Struktur und Fokussierung auf Geschäftskunden:

Stackfield konnte von jeder Person mit jeder anderen genutzt werden. Es gab keine Grenzen zwischen der Zusammenarbeit. Dies führte jedoch dazu, dass sämtliche Nutzer eines Unternehmens unorganisiert auf Stackfield unterwegs waren. Alle Mitglieder mussten einzeln zu einem Datenraum hinzugefügt werden und gleichermaßen einzeln entfernt werden, wenn ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausschied. Es war schlichtweg kein Überblick geboten, wodurch sich Stackfield in der Kommunikation kaum von einer E-Mail unterschied. Das Einführen einer Organisationsstruktur und Teams, zusammen mit Compliance Guidelines, schaffte in diesem Bereich Klarheit.

Vereinfachung und Feinschliff des Produkts:

Dies klingt fast zu trivial, allerdings ist dies vor allem im SaaS-Bereich unglaublich wichtig. Die Konkurrenz unseres Produkts ist riesig, nahezu jeden Tag kommen neue Tools auf den Markt. Daher kann man es sich nicht erlauben mit einem halb-fertigen und unausgereiften Produkt auf dem Markt zu sein. Dies war bei uns am Anfang definitiv der Fall, weshalb wir viele Nutzer verloren haben. Es wird oftmals beschrieben, dass Startups mit einem MVP (minimum viable product) direkt starten sollten. Allerdings hat sich, zumindest im SaaS-Bereich, das Niveau der MVPs derartig gesteigert, dass der Begriff nahezu irreführend ist. Die Qualität der meisten Tools ist derartig hoch, dass nicht mehr gehofft werden kann, dass sich Menschen für eine Lösung, die gerade einmal zu 80% fertiggestellt ist, begeistern.

Trial statt Freemium:

Die Wertschätzung für das Produkt war durch das Freemium Modell nicht vorhanden, getreu dem Motto „ein Tool das nichts kostet, ist nichts Wert“. Zudem Freemium verbrennt in den meisten Fällen mehr Geld, als es einbringt: Ich verdamme das Freemium-Modell nicht grundsätzlich, da es definitiv ein gutes Mittel sein kann, um Reichweite zu erlangen. Doch für uns hat es einfach nicht funktioniert. Nahezu jedes Unternehmen wird mit diesem Modell zu Beginn unglaublich viel Geld verbrennen, bis sich die Zahlen verbessern - und dies ist nur mit einer sehr soliden Finanzierung möglich.

Wo stehen wir jetzt?

Unsere monatlichen Umsätze wachsen jeden Monat zweistellig, ohne dass irgendwo ein Banner von Stackfield angezeigt oder ein Sponsored Post eingekauft wird. Auch die Konversion-Rate von der Testphase zum bezahlten Nutzer weist einen außerordentlich guten Wert auf und liegt im zweistelligen Bereich.

Fazit

Nach unseren Erfahrungen und dem bisherigen Weg haben wir festgestellt, dass Userzahlen oder Medienhype keine Garantie für Erfolg sind. Der einzige Parameter, an welchem wir letztendlich Erfolg bemessen, ist der monatliche wiederkehrende Umsatz.

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Cristian Mudure
Über den Autor:
Cristian Mudure ist der Gründer und CEO von Stackfield. Er liebt digitale Geschäftsmodelle und verbringt seine Freizeit gerne auf dem Tennisplatz.
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