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Interview-digitale-Verwaltung

Basanta Thapa: Baustellen der Verwaltungsdigitalisierung

3 Min. Lesedauer  •  29. Juli 2024

Kernaussagen

  • Deutschland muss vor allem bei der Registermodernisierung, der Festlegung von Standards und der politischen Steuerung aufholen
  • Bestehende Strukturen und unklare Zuständigkeiten behindern jedoch Veränderungen in diesen Bereichen
  • Entscheider können etwas bewegen, wenn sie einfache, bestehende Lösungen nutzen, Standards übernehmen und von anderen lernen, statt alles neu zu erfinden

Über Basanta Thapa

Basanta Thapa forscht, vernetzt und kommuniziert als Geschäftsführer des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums in Berlin zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Sein Forschungsschwerpunkt ist die datengesteuerte Verwaltung.

Er hat Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Münster und Potsdam studiert und unter anderem am Kompetenzzentrum Öffentliche IT des Fraunhofer FOKUS, an der Hertie School of Governance, am European Research Center for Information Systems und an der Technischen Universität Tallinn geforscht.


Basanta Thapa – Geschäftsführer Nationales E-Government Kompetenzzentrum

Herr Thapa, was sind die Aufgaben des NEGZ und warum ist Ihre Arbeit wichtig?

Das NEGZ (Zur Website) vernetzt die Akteure der der deutschen Verwaltungsdigitialisierung in Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über Sektorengrenzen hinweg und bringt sie auf neutralem Boden in Austausch. Das ist enorm wertvoll in einem Politikfeld, in dem niemand alleine agieren kann, aber häufig politische und geschäftliche Interessen den Dialog prägen. Wir organisieren da allerlei Formate, von klassischen Tagungen über virtuelle Brown-Bag-Meetings und selbstorganisierte Arbeitskreise.

Aus Workshops und den aus unseren Mitgliedsbeiträgen geförderten Kurzstudien versuchen wir auch immer wieder Denk- und Handlungsimpulse in Richtung Entscheidungsträger:innen zu setzen. Gerade da merken wir, dass man Problemlagen und Lösungsoptionen erst wirklich versteht, wenn man viele verschiedene Perspektiven darauf zusammenbringt.

Auf einer Skala von 1-10 (1 = sehr schlecht, 10 = sehr gut) wie bewerten Sie den Status der Digitalen Transformation in der deutschen Verwaltung?

Ich gebe uns da eine 4. In den letzten Jahren ist - im Vergleich zu den Jahrzehnten davor - rund um das OZG sehr viel in Bewegung gekommen. Angesichts der enormen Summen, die dafür mobilisiert wurden, sehe ich aber noch viel Potenzial bei der Umsetzungseffizienz. Viel zu oft fehlen Standards und Plattformen. Stattdessen wird das gleiche Problem über die Republik verteilt hunderte Male in aufwendiger Handarbeit neu gelöst.

Was sind die drei größten Baustellen der Verwaltungsdigitalisierung, die Ihnen in Ihrer Arbeit begegnen?

Registermodernisierung, Standards und die politische Steuerung.

Digitalisierung wird spannend, wenn Daten medienbruchfrei durch Prozesse fließen - auch über Organisationsgrenzen hinweg. Dafür brauchen wir in der Verwaltung die Registermodernisierung. Digitalisierung wird disruptiv, wenn einmal gebaute Lösungen millionenfach genutzt werden können. Für diese Skalierung braucht es Standards: Mit Blick auf die Daten, aber auch mit Blick auf die Prozessschnittstellen. Hier herrscht in Deutschland viel Wildwuchs, der jeden Umsetzungsaufwand massiv multipliziert.

Registermodernisierung und Standardsetzung hängen am Ende an der politischen Steuerung: Schafft man es, sich in den föderalen Strukturen zu einigen? Bekommt man genug politisches Kapital dafür mobilisiert? Hier liegt der gordische Knoten, den es zu durchschlagen gilt.

Was sind die größten Hindernisse, die digitale Innovation in der öffentlichen Verwaltung blockieren?

Gewachsene Strukturen und Verantwortungsdiffusion. Egal was wir in der deutschen Verwaltung digital innovieren wollen: Überall treffen wir auf bestehende Systeme und die Erbmasse unkluger Entscheidungen der Vergangenheit. Wie wir ohne Systemausfälle und horrende Umbaukosten den Sprung in zukunftsfeste Strukturen schaffen können, ist eine immense Herausforderung. Verantwortungsdiffusion trifft uns mehrfach: Wenn unklar ist, wer alles mitentscheiden muss, beteilige ich möglichst viele Akteure.

Dies erhöht nicht nur den Steuerungsaufwand massiv, sondern führt auch zu verwässerten Entscheidungen. Andersherum wird wenig aus Fehlentscheidungen gelernt, weil niemand für die Konsequenzen wirklich geradestehen muss. Zusammengenommen ist es oft das Rationalste, notwendige Veränderungen möglichst lange vor sich herzuschieben - zum Nachteil aller.

Was raten Sie Entscheidern, um Innovationen trotz dieser Hindernisse voranzutreiben?

Innovation kommt nicht aus Buzzwords. KI, Blockchain, alles egal. Nutzt einfache Lösungen, die dem Problem entsprechen. Nutzt Standards. Macht lieber nach, als selbst zu erfinden. Lernt von anderen und vernetzt euch, beispielsweise beim NEGZ.

Unsere Kunden Stories aus Nürnberg und Aschaffenburg zeigen, wie technische Lösungen einfach für die Verwaltungsdigitalisierung genutzt werden können.

Wo sehen Sie die Zukunft der Verwaltungsdigitalisierung?

Ich hoffe, wir finden zu einem Plattformansatz mit Konkurrenz und Innovation innerhalb vereinbarter, interoperabler Standards. Mit klaren Entscheidungs- und Implementierungsstrukturen, damit das Übersetzen politischer Entscheidungen in digitales Verwaltungshandeln eine Sache von Tagen statt Monaten wird.

Weitere spannende Einblicke in die Verwaltungsdigitalisierung liefern unsere Blogartikel zu Smart City Projekten und interkommunaler Zusammenarbeit.

Katastrophenszenario: Was passiert, wenn wir bei der Verwaltungsdigitalisierung scheitern? Beschreiben Sie Ihr persönliches Horrorszenario und wie wir uns davor schützen können.

Mein Horrorszenario ist Stillstand und Verfall in der Verwaltungsdigitalisierung, weil sich die verschiedenen politisch-wirtschaftlichen Interessen und technischen Schulden in der Verwaltungsdigitalisierung ineinander verkeilen. Statt Neuentwicklungen wird jahrzehntealte Software mit notdürftigen Patches am Laufen gehalten und fehlende Schnittstellen wackelig durch RPA-Roboter überbrückt. Alles funktioniert schon irgendwie, aber weder Verwaltungsmitarbeiterin noch Bürger:innen haben eine positive User Experience dabei. Davor bewahren kann uns eigentlich nur eine Neuordnung der Governance-Strukturen mit mehr Zug zur Entscheidungsfreude, denn erfreuliche Phasen der konstruktiven Zusammenarbeit im föderalen System sind leider stets endlich.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Stackfield Experten-Interviews. Die gegebenen Antworten spiegeln die Meinung des befragten Experten wider und müssen nicht zwangsläufig der Meinung von Stackfield entsprechen. Die Teilnahme an dieser Interview-Reihe erfolgt unentgeltlich. Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Thapa für seine Antworten.

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Cristian Mudure
Über den Autor:
Cristian Mudure ist der Gründer und CEO von Stackfield. Er liebt digitale Geschäftsmodelle und verbringt seine Freizeit gerne auf dem Tennisplatz.
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