Anwaltskanzleien und IT-Firmen - sie sind so unterschiedlich, wie Unternehmen nur sein können. Sie zu vergleichen, wäre so, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Viele würden dieser Aussage ohne Weiteres zustimmen. Doch so unterschiedlich diese beiden Geschäftsbereiche auch sein mögen – es gibt einige Dinge, die eine Anwaltskanzlei von der IT-Branche lernen könnte. Diese Meinung wird auch von Joanna Kingston-Davies, Chief Operating Officer (COO) der Jackson Lees Group - einer Anwaltskanzlei aus Liverpool - geteilt.
Wer nun wissen möchte, wie Kanzleien von den doch sehr abweichenden Prozessen aus der IT profitieren können, der liest am besten weiter:
Wie passen Kanzleimanagement und IT-Projektmanagement zusammen?
Während das Recht eine Disziplin ist, die weit in die Menschheitsgeschichte zurückreicht – etwa bis in die Anfänge der Zivilisation –, ist die IT (Informationstechnologie) erst ein paar Jahrzehnte alt und damit ein relativ neues Gebiet. Natürlich macht dieser Umstand keines der Gebiete besser als das andere, aber es macht sie sehr unterschiedlich. Unterschiede in der Herangehensweise an gewisse Prozesse bieten wiederum Lernpotential – und das Kanzleimanagement kann dieses Potential in vielerlei Hinsicht nutzen.
Rechtsanwaltskanzleien gelten im Allgemeinen nicht als Verfechter moderner Innovationen. Sie halten sich an altbewährte Methoden, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten in Gebrauch sind. Der IT-Sektor hingegen verändert sich rasch. Dort gelten viele der Praktiken, die vor einigen Jahren noch Standard waren, heute schon als veraltet. Das IT-Business ist für viele der Inbegriff agiler, effektiver und innovativer Arbeitsweisen.
Das sieht auch Joanna Kingston-Davies ähnlich:
"The legal services sector in general tends to be very rules-based and traditional in both structure and operating model. Some of the best IT companies we have come across seem to set themselves up to facilitate and promote innovation far more effectively than I think we do in our industry."
Agiles Kanzleimanagement: Das können Kanzleien von IT-Firmen lernen
Die Arbeitsabläufe in Anwaltskanzleien werden in der Regel durch die in der Branche üblichen Verfahrensweisen und das Gesetz selbst bestimmt. Das mag sich so anhören, als gäbe es im Kanzleimanagement nicht viel Raum für Verbesserungen. Natürlich sind die rechtlichen Beschränkungen hier besonders streng (was kaum überrascht). Gleichwohl ist es spannend, den Arbeitsablauf und die Prozesse aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Junge Branchen und ihre Disziplinen, wie jene in der IT, können eine Quelle wertvoller Inspiration sein, um die tägliche Arbeit produktiver und für die Mitarbeiter noch angenehmer zu gestalten.
Softwareunternehmen gestalten ihre Prozesse heute deutlich anpassungsfähiger, als es im traditionellen Projektmanagement üblich war. Man spricht hier von Agilität. Doch was bedeutet "agil" eigentlich?
Die Idee hinter agilen Ansätzen ist es, sich weniger durch starre Prozessvorgaben einschränken zu lassen und somit auch jederzeit auf Anforderungsänderungen reagieren zu können. IT-Experten passen also ihre Prozesse an die Projekte an. Sie versuchen ständig neue Ansätze, um die Kommunikation mit ihren Kunden und Geschäftspartnern noch einfacher und fließender zu gestalten und ihre Arbeit schlussendlich noch effektiver. Wie genau stellt man das jedoch an?
Das Agile Manifest
Teams, deren täglich Brot die Abwicklung von IT-Projekten ist, arbeiten heute nach einigen Prinzipien, die eine Gruppe von IT-Pionieren vor einigen Jahren im vielzitierten Agilen Manifest niedergeschrieben hat. Nicht alle dieser Prinzipien eignen sich bedingungslos für jede Branche. Dennoch lassen sich einige wertvolle Grundsätze für das Kanzleimanagement herausfiltern.
Mehr Flexibilität im Management von Kanzleien
"Heiße Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden."
Moderne IT-Unternehmen legen unglaublich viel Wert auf Flexibilität. Warum? Weil Flexibilität letztlich der eine Wesenszug ist, mit dem es Spitzenfirmen schaffen, Innovationen voranzutreiben und Veränderung herbeizuführen. Starrheit hingegen führt zu Stillstand.
Agile Teams folgen keinem strikten Prozessplan, der von Anfang bis Ende durchgetaktet ist. Stattdessen versuchen sie ihre Prozess-Entscheidungen immer dann zu treffen, wenn alle nötigen Informationen vorliegen.
Denkt man genauer darüber nach, versteht man auch weshalb. Nur wer auf wechselnde Marktbedingungen und sich ändernde Produktanforderungen reagieren kann, schafft es schlussendlich, das bestmögliche Ergebnis zu liefern und zwar mit der größtmöglichen Effizienz.
So mancher denkt sich nun vermutlich: „Schön und gut, ein Anwalt entwirft aber kein neuartiges Produkt, das sich am Markt gegen eine Vielzahl von Konkurrenzprodukten durchsetzen muss.“ Das mag stimmen. Jedoch lässt sich die Sache mit der Flexibilität viel weiter denken. Das wird deutlich, sobald man sich vor Augen führt, dass sich zwar das Kerngeschäft einer Kanzlei nicht grundlegend ändert, das Umfeld in dem die Kanzlei agiert hingegen sehr wohl: Die Mitarbeiter, die Mandanten, die Art der Zusammenarbeit an sich…
Genau an diesem Punkt wird auch bewusst, dass es durchaus sehr viele Bereiche gibt, in denen Kanzleien von Agilität und insbesondere von Flexibilität profitieren können. Der Arbeitsmarkt fordert flexiblere Arbeitsweisen (Arbeitszeiten, Homeoffice etc.). Neue Talente treten als Digital Natives ins Berufsleben ein und erwarten moderne Technologie am Arbeitsplatz. Auch Mandaten, die selbst keinen traditionellen Nine-to-five-Job mehr ausüben, stellen höhere Ansprüche an die Kommunikation und wünschen sich mehr Transparenz hinsichtlich Leistung und Gegenleistung. Juristen bleibt in diesem Zusammenhang nichts anderes übrig, als flexibel zu werden und das Kanzleimanagement den sich ändernden Begebenheiten anzupassen.
Simplizität
Einfachheit – die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren – ist essenziell.
Dieser Satz aus dem Agilen Manifest ist für den ein oder anderen womöglich irreführend. Ein Anwalt möchte seine Arbeit schließlich erledigt wissen und nicht anhäufen. Wollen Softwareentwickler denn nicht vorankommen? Doch und genau das ist der Punkt.
Bei dieser Aussage geht es tatsächlich nicht darum, Arbeit anzusammeln, sondern darum, genau das Gegenteil zu tun: Nicht getane Arbeit zu maximieren – also Arbeit, die nicht zwingend erforderlich ist, nicht zu erledigen.
Anwälte tendieren dazu, alles möglichst lückenlos abarbeiten zu wollen. Sie nehmen also alles auf, was möglicherweise Relevanz haben könnte.
Natürlich ist diese Herangehensweise im Kanzleimanagement essenziell, wenn es darum geht, sich einen Vorteil gegenüber der Gegenpartei zu sichern. Im Alltagsgeschäft kann derartige Akribie jedoch hinderlich sein.
Agile Teams möchten ihre Prozesse deshalb möglichst einfach halten. Sie teilen ihre anfallende Arbeit in einzelne Arbeitsschritte auf (diese werden für gewöhnlich in einem Product Backlog festgehalten) und priorisieren sie anschließend. Was ist essenziell? Was muss unbedingt als Erstes erledigt werden? Worauf kann man verzichten? Ist das nächste Zwischenergebnis erreicht, wird sich zeigen, welche Schritte im kommenden Sprint erforderlich sind.
Eines der obersten Gebote in der Softwareentwicklung ist es übrigens, Arbeitsanweisungen möglichst einfach zu formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden. User-Stories, die eine Funktion beschreiben, werden daher in einfachem Deutsch so simpel wie möglich niedergeschrieben. Sich einfach auszudrücken gehört jedoch meist nicht zum Einmaleins eines Juristen. Der einfache Bürger, der sich einen Anwalt zurate ziehen möchte, ist in der Regel kein großer Freund von „Juristendeutsch“, sieht dagegen einen großen Vorzug darin, wenn ihm Sachverhalte verständlich und transparent dargelegt werden.
Motivation und Vertrauen
Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen.
Es erscheint womöglich banal, doch wir alle wissen: Viele Dinge sind einfacher gesagt als getan. IT-Firmen legen großen Wert auf gegenseitiges Vertrauen.
Wenn Angestellte sich respektiert fühlen und einen hohen Grad an Entscheidungs- und Handlungsfreiheit genießen, liefern sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch bessere Lösungen. Gerade in diesem Punkt weisen Kanzleien, in denen ältere und erfahrenere Anwälte oftmals weniger auf die Fachkenntnis eines Newcomers vertrauen, wohl größere Lücken auf. Wenn es eine Sache gibt, die Kanzleien von IT-Firmen lernen können, dann ist es "loszulassen". Der ein oder andere wird dabei bemerken, dass auch ein erfahrener Senior Partner - und somit auch das gesamte Kanzleimanagement - von der anderen Denkweise junger Kollegen profitieren kann. Spüren die Mitarbeiter, dass ihnen Vertrauen entgegengebracht wird, vertrauen sie auch in sich selbst und sind motivierter, Projekte mit eigenen Ideen voranzutreiben.
Teamwork & Kommunikation
Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
In der IT steht und fällt ein Projekt mit einer funktionierenden Zusammenarbeit innerhalb eines selbstorganisierten, crossfunktionalen Teams: jeder liefert seinen Beitrag, jeder ist Experte für seinen Aufgabenbereich, jeder trägt Verantwortung. Steile Hierarchien gelten als hinderlich, denn sie machen es dem Individuum unmöglich, sich frei zu entfalten und bestmöglich einzubringen. Kanzleien gelten auf der anderen Seite noch als Vertreter hierarchischer Arbeitsstrukturen. Diese Hierarchien etwas abzuflachen, würde laut Kingston-Davies durchaus auch im Legal-Sektor Sinn machen:
"We are really passionate about promoting the value of a diverse team with different approaches – this helps us to deliver the best solutions to our clients and to each other, and to look at things from all angles."
Ein Team mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten unterschiedlicher Disziplinen, wie Kingston-Davies beschreibt, ermöglicht es, Fälle aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und schlussendlich die beste Lösung für den Klienten zu finden.
Einen echten Mehrwert könnten etwa Spezialisten aus dem Projektmanagement liefern, die das Kanzleimanagement mit agilen Ansätzen bereichern und dazu beitragen, auch die Projekte der Kanzleien effizienter voranzubringen, so Kingston-Davies:
"In the future we would love to have more people within the business who are specialised in project management to add value in structuring and helping to drive our projects forward."
Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb des Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
Was die Zusammenarbeit innerhalb eines solchen „diversen Teams“ unweigerlich erfordert, ist eine reibungslose Kommunikation. Gerade in der IT, so möchte man meinen, läuft die Kommunikation ausschließlich digital ab. Dem ist ganz und gar nicht so. Eine der Kerndisziplinien in Scrum, der wohl weit verbreitetsten Projektmanagement-Methode in IT-Unternehmen, ist das sogenannte Daily Scrum – ein tägliches Meeting, in dem sich alle Teammitglieder persönlich abstimmen und auf den neuesten Stand bringen. Wenngleich Projektmanagement-Lösungen unerlässlich für die tägliche Kommunikation im Team sind, so lassen sich Pläne und Informationen zu wichtigen Vorgängen noch immer am besten im direkten Gespräch übermitteln.
Die richtige Software für das Kanzleimanagement
Auch wenn das klassische Vieraugengespräch noch immer hoch geschätzt wird, nutzen IT-Unternehmen verschiedene Kommunikations- und Projektmanagement-Tools, um die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten. Da sich bei ihrer täglichen Arbeit alles um Software dreht, wissen sie sehr wohl, wie fortschrittliche Software-Lösungen bei der Steigerung der eigenen Produktivität helfen können.
Ein weit verbreitetes Werkzeug zur Aufgabenverwaltung, das Teil diverser Collaboration Tools ist, ist das Kanban Board. Das Board visualisert Aufgaben-Workflows innerhalb verschiedener Statusspalten, klassischerweise „Zu erledigen“, „In Bearbeitung“, „Prüfung“ und „Erledigt“, lässt sich jedoch individuell an eigene Arbeitsabläufe anpassen. So weiß jeder um den aktuellen Bearbeitungsstand und Projektfortschritt – mit einem kurzen Blick.
Was sieht es in den Kanzleien aus? Wir haben Kingston-Davies zum Einsatz digitaler Lösungen in der Kanzlei befragt:
"We use personality profiling tools that work really well for us, although I’m sure we could get better by implementing more bespoke technology to facilitate collaborative working more effectively, rather than trying to fit teamwork into outdated systems or processes."
Dass Projektmanagement-Software auch einen Platz im Kanzleimanagement findet und von Juristen gut angenommen wird, sehen wir selbst an unseren zahlreichen Kunden aus diesem Sektor. Wichtig ist, eine Lösung zu wählen, die den hohen Sicherheitsanforderungen, denen Berufsgeheimnisträger entsprechen müssen, gerecht wird.
Was ist also mit §203?
Anwälte und Steuerberater verarbeiten hochsensible Daten und müssen, wie alle Berufsgeheimnisträger, uneingeschränkten Schutz für selbige gewährleisten. Hier kommt Stackfield zum Einsatz. Stackfield richtet sich insbesondere an jene Berufsgruppen, die hohe Ansprüche an den Datenschutz stellen und begegnet mit Sicherheitsstandards, die sogar über die strengen Anforderungen der DSGVO hinausgehen. Dazu gehört beispielsweise die clientseitige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, höchste SSL-Standards und Server, die sich ausschließlich in Deutschland befinden. Weitere Informationen zum Thema Datenschutz mit Stackfield liefert: https://www.stackfield.com/de/security
Wir wissen: Mit alten Gewohnheiten bricht man nur sehr ungern. Veränderung muss jedoch nicht immer schlecht sein und mit Sicherheit kann so manche Kanzlei davon profitieren, die eigene Arbeit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und neues auszuprobieren. Das Kanzleimanagement von morgen wird noch immer durch strikte Vorgaben geregelt, aber es wird auch ein Stück weit agiler.