Scope Creep: Mehr Umfang = mehr Nutzen?
Das Unternehmen wächst, es generiert mehr Kunden, die Masse an Projekten und deren Umfang nimmt zu und daher fließt auch ordentlich etwas in die Kasse. Ist das nicht der Traum eines jeden Managers? Sicher! Nun ja, solange dieser die Projekte unter Kontrolle hält.
Es gibt sie allerdings. Die Zeiten, in denen Projekte völlig aus dem Ruder laufen. Die Projektleiter ergänzen eine Anforderung nach der anderen, ohne dabei ausreichend Rücksicht auf den Gesamtumfang des Projektes zu nehmen. Mehr Umfang heißt schließlich mehr Nutzen und damit mehr Erfolg. Ist dem nicht so? Jein!
Die Wahrheit ist: Scope Creep, also eine willkürliche Ausweitung des Umfangs kann jedes Projekt zerstören.
Was sind Scope Creeps und was macht sie so gefährlich?
Annahme: Wir haben ein Projekt mit einem zeitlichen Rahmen von 6 Monaten, einem Budget von 230.000 Euro und 100 Anforderungen, die erfüllt werden müssen.
Denkst Du, Du könntest eine Komponente ohne Auswirkung auf die beiden anderen verändern? Dann liegst Du falsch. Es ist eine einfache Rechnung: Steigt der Umfang, wird mehr Zeit benötigt; oder auch mehr Personal. Beides erfordert eine Budget-Anpassung nach oben. Solange wir aus dieser Anpassung jedoch nicht mehr Nutzen ziehen – in Form eines steigenden Umsatzes etwa – werden die zusätzlichen Anforderungen nutzlos und somit zu einer massiven Bedrohung für den Erfolg des Projekts.
Wir haben drei Komponenten aufgeführt, nach denen sich Projektmanagement definiert – drei Dinge, die bei jedem Projekt festgelegt werden und die sich zwangsläufig gegenseitig beeinflussen. Man nennt diese drei Dinge auch das Magische Dreieck.
Wie man sich denken kann, kann es in Folge eines Scope Creep dann zu einem fatalen Kontrollverlust und somit zu einer massiven Gefahr für das Projekt kommen. Und diese Gefahr ist bei weitem nicht so gering, wie man annehmen möchte: Die Pulse of the Profession Umfrage 2018 durch das PMI offenbart, dass es in mehr als 52% der Projekte zu einem Scope Creep gekommen ist.
Die häufigsten Scope Creep Auslöser
Unzulänglich definierter Projektumfang
Die Bestimmung des richtigen Projektumfangs ist entscheidend für den Erfolg eines Projekts. Analog dazu kann das Fehlen eines gesetzten Rahmens das gesamte Projekt zum Scheitern verurteilen. Im Projekt verhalten sich die Beteiligten dann wie hungrige Einkäufer im Supermarkt ohne Einkaufszettel. Wir brauchen das alles! Oder nicht?
Zu wenig Recherche
Fehlt ein genauer Plan mit ausgearbeitetem Projektumfang, so fehlt es meist vor allem an Recherche. Wer finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen unterschätzt und zu wenig Mühe in die Anforderungsanalyse steckt, begibt sich schnell auf dünnes Eis. Wenn sich dann herausstellt, dass die Anforderungen aus Kundensicht nicht dem entsprechen, was festgelegt wurde, bricht das Eis schneller, als man in der Lage ist zu reagieren.
Die Anforderungsanalyse sollten in mehreren Schritten durchgeführt werden, um später einen möglichst passgenauen Anforderungskatalog zu erhalten:
- Analyse des Umfangs: Das Fundament des Projekts beruht auf eingehender Informationssammlung dahingehend, welche Anforderungen das Endprodukt schlussendlich erfüllen soll.
- Spezifikation: In einem weiteren Schritt sollte man sich damit beschäftigen, was eine Umsetzung der Anforderungen erfordern würde und welche Probleme sich womöglich ergeben werden.
- Detailplanung: Zuletzt folgt der Feinschliff des Plans. Die Anforderungen werden unter Berücksichtigung ihrer Durchführbarkeit und Relevanz eingeordnet und anschließend in einen zeitlichen Kontext gebracht.
Fehlendes Grundverständnis und Monitoring
Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, worum es bei dem Projekt geht und wie die Ergebnisse letztlich aussehen sollen. Nur so trifft das Endprodukt später die Anforderungen. Wer also mit der Arbeit beginnt, obwohl die Recherche noch nicht abgeschlossen ist und dabei Wichtiges nicht von Unwichtigem unterscheiden kann, hat die Arbeit wohl umsonst getan.
Das Monitoring während des gesamten Projektverlaufs ist nicht optional – es ist ein Muss. Projektmanager sollten konstant ein Auge darauf haben, ob alle Anforderungen korrekt umgesetzt werden und ob es zu Engpässen und internen Problemen kommt.
Fehlende Scope Creep Präventionsprozesse
Natürlich ist auch ein durchdachter Projektplan nicht unfehlbar und es können auch später noch Anforderungen zutage treten, die durchaus ihre Daseinsberechtigung haben. In der Realität wird dann natürlich noch am Umfang gefeilt. Allerdings gilt auch hier zu beachten: Jede kleine Ausweitung ist letztlich doch eine Ausweitung. Aus diesem Grund müssen für solche Fälle Prozesse festgelegt werden: dass Änderungen hinsichtlich ihres Nutzens und ihrer Relevanz im Vergleich zu anderen Anforderungen untersucht und von mehreren Entscheidungsbefugten abgesegnet werden müssen.
Zu wenig Erfahrung
Scope Creeps entstehen meist in unerfahrenen Teams. Probleme entstehen beispielsweise, wenn:
- es Mitarbeitern schwer fällt, Kundenwünsche abzulehnen
- Projektleiter nicht in der Lage sind, neue Anforderungen abzulehnen
- Endverbraucher, deren Nutzungsverhalten das Anforderungsportfolio bestimmt, zu spät konsultiert werden oder gar nicht beachtet werden
- etc.
Der Projektmanager und die Teammitglieder müssen in der Lage sein, diese Situationen als Gefahrenherde für Scope Creeps zu erkennen und wichtige Anforderungen von Nice-to-have-Anforderungen unterscheiden lernen.
Kommunikationsdefizite
Wir können nicht oft genug erwähnen, dass schlechte Kommunikation ein Hauptgrund für scheiternde Projekte ist. Man führe sich vor Augen, was geschieht, wenn Anforderungen aufgenommen werden, ohne sie zu dokumentieren. Und was passiert, wenn ein Übermaß an Anforderungen aufgenommen wird, weil das Team nicht kommuniziert, dass es bereits jetzt überlastet ist? Mit großer Wahrscheinlichkeit nichts Gutes.
So vermeidest Du Scope Creeps
Klarheit garantieren!
Projekte müssen klar sein: klar, glasklar, kristallklar, Dein Projekt! Mache Dir im Vorfeld also eingehend Gedanken darüber, welche Parameter im Vorfeld festgelegt werden müssen und denke dabei an vergangene Projekte zurück. Ja, das kann anstrengend sein. Während des Projektverlaufs sparst Du Dir dafür aber wesentlich schlimmere Kopfschmerzen. Hier ein erster Ansatz:
Lass Deinen Kunden alle Erwartungen und Anforderungen definieren, BEVOR das Team loslegt. Der Kunde sollte von Beginn an beteiligt sein und den Umfang des Projekts kennen. Dieser sollte in einem Vertrag festgehalten und von allen Beteiligten unterzeichnet werden. Ermittle dabei auch gleich die Projektphasen und definiere, wie im Team und mit allen Stakeholdern kommuniziert wird sowie welcher Prozess bei Erweiterungen des Umfangs einzuhalten ist.
Halte die Beteiligten unbedingt über die Entwicklung im Projekt auf dem Laufenden und sei klar darin, welche Folgen (und Kosten!) bei Erweiterungen des Umfangs zu erwarten sind. Achte darauf, dass Dein Team Zugang zu allen festgelegten Vereinbarungen hat und Prioritäten klar kommuniziert wurden.
Prozesse einhalten!
Eine der obersten Regeln, die jedes Teammitglied verinnerlichen sollte: Keine Projektänderungen ohne Rücksprache! An dieser Stelle kommt Kommunikation als einer der wichtigsten Aspekte bei jedem Projekt ins Spiel. Sofern Du einen Änderungsmanagementplan erstellt hast, weißt Du genau, mit wem Rücksprache gehalten werden muss und welche Faktoren geprüft werden müssen. Das Fehlen einer solchen Strategie, macht aus dem Projekt ein Fass ohne Boden.
Änderungen festhalten!
Wird tatsächlich eine neue Anforderung aufgenommen, verrät ein erneuter Blick in den Änderungsmanagementplan, wie die Änderungen mit dem Team kommuniziert und in den Projektplan integriert werden. Jede einzelne Änderung sollte festgehalten werden, alleine schon, um am Ende einen Überblick darüber zu haben, in welchem Maß der Projektumfang überschritten wurde. Auch für das Team ist die Information immens wichtig, da durch die Änderung auch die Ausführung anderer Anforderungen beeinflusst werden kann.
Nicht in die Gold-Plating-Falle tappen!
Es gibt Fälle, in denen Projektteams einen gewissen Übereifer an den Tag legen, der keineswegs als positiv anzusehen ist. Sie betreiben sogenanntes Gold-Plating. In der Tat sind zusätzliche Anforderungen zwar gut gemeint aber leider am Ziel vorbei, sofern sie nicht mit dem Auftraggeber oder einer anderen bevollmächtigten Person abgesprochen werden. Kein anderer sollte nämlich über den Nutzen einer neuen Anforderung urteilen. Zusätzliche Funktionen und Features können für den Auftraggeber durchaus mit zusätzlichem Aufwand verbunden sein. Der Endnutzer erhält einen erhöhten Produktumfang, den er womöglich gar nicht möchte oder gar als störend und zu komplex empfindet. Was die Produktvergoldung aber definitiv mit sich bringt ist ein steigender Umfang und damit eine erhöhte Scope-Creep-Gefahr.
Hinweis: Natürlich fällt nicht jede Idee für neue Anforderungen vonseiten des Projektteams in diese Kategorie. Schließlich handelt es sich bei den Entwicklern um Experten. Änderungen vorzuschlagen, die dem Endprodukt zugutekommen würden, macht durchaus Sinn. Diese grundlegend abzulehnen wäre ein sprichwörtlicher „Scope Kill“. Wichtig ist aber, Änderungen hinsichtlich ihres Nutzens zu überprüfen und absegnen zu lassen. Der Änderungsmanagementplan liefert die Richtlinien hierzu.
Auf Kommunikation achten!
Kommunikation ist die Basis einer guten Zusammenarbeit – und zwar in allen Arbeitsbereichen. Alle Fragen und Probleme, alle Ideen und Anmerkungen sowie alle Eckdaten, Verpflichtungen und Termine im Zusammenhang mit dem Projekt sollten über einen bestimmten Kommunikationskanal kommuniziert werden. Kommt es zu einem Kommunikationsproblem, so ist ein Scope Creep womöglich nur eine der schädlichen Auswirkungen.
Je nach Projektumfang eignet sich hierfür ein einfaches Collaboration-Tool oder umfangreiche Projektmanagement-Software, in der Aufgaben, Dateien und Termine verwaltet, Entwicklungen getrackt und Gespräche geführt werden können.
Stackfield: Projektmanagement-Software für Scope Creep Fighters
Nutze die funktionalen Seiten in Stackfield, um Deine Projektziele festzulegen und die Marker-Funktion, um einzelne Inhalte direkt zu besprechen.
Verschiedene Ansichten zur Aufgabenplanung (Kanban Board, Listen, Gantt Chart) mit detaillierten Aufgabenkarten und individuell anpassbaren Status-Optionen bieten genug Freiheit, um einen passgenauen Workflow zu erstellen. Hier kannst Du beispielsweise einen Product-Backlog anlegen, um Deine Anforderungen als Aufgabenkarten festzuhalten und zu priorisieren.
Da alle Funktionsbereiche innerhalb der Räume miteinander interagieren, kannst Du alle Elemente (Aufgaben, Termine, Seiten, Diskussionen, etc.) kommentieren und mit relevanten Dateien ausstatten, die Du später über das jeweilige Element oder im Dateimodul aufrufen kannst. So sind alle Inhalte schnell verfügbar.
Tracke Deinen Fortschritt und die Auswirkungen etwaiger Anforderungsänderungen durch den Einsatz eines Gantt Charts (zeitlicher Ablauf mit Meilensteinen und Aufgabenabhängigkeiten)…
… und spezifischer Projektdetails und -portfolios.
Nie wieder Scope Creeps
Da jedes Projekt individuell ist und Teams nicht immer auf dieselbe Art und Weise zusammenarbeiten, ist es nicht immer einfach, Scope Creeps zu vermeiden. Projektleiter können einem Scope Creep jedoch mit strategischer Weitsicht entgegenwirken.
Relevante Stakeholder- und Kundenanforderungen müssen von Beginn an miteinbezogen werden. Erwartungen, Bedürfnisse, Anforderungen und Ideen sollten dabei von Seiten des Auftraggebers und des Projektteams abgesegnet und unterzeichnet werden. Ein gut ausgearbeiteter Änderungsmanagementplan liefert die nötige Struktur um potentielle Anforderungsänderungen problemfrei zu behandeln und um den Projektumfang vom Start bis zum Ende des Projekts im Rahmen zu halten.